Pressemitteilung der Schutzgemeinschaft Vogelsberg
Der Frankfurter Magistrat ignoriert die Klimabedingten Nöte seiner Wasserliefergebiete und führt den Vogelsberg an der Nase herum Sein widerrufenes Dialogangebot war offensichtlich ein wahltaktisches Manöver – Es geht mal wieder nur um den profitablen Wasserhandel
Es ist eine ignorante Politik nach Gutsherrenart: Vor der Bundestagswahl hatte die Frankfurter Umweltdezernentin der SGV ein konkretes Gespräch über das Reduzieren des künftigen Fernwasserbezugs der Stadt angeboten. Doch das war offensichtlich gar nicht ernst gemeint. Denn laut der gleichen Dame hat der Magistrat mit dem Vogelsberg in Sachen Wasserversorgung nun nach der Wahl plötzlich keinen Gesprächsbedarf mehr. Wohl wissend, dass dort die Grundwasserneubildung, die der Garant für die Versorgungssicherheit Frankfurts ist, schon seit Jahren abnimmt.
Zur Begründung verweist Frau Heilig darauf, dass die neue Stadtregierung vereinbart habe, die Frage der künftigen Brauch- bzw. Betriebswassernutzung anzugehen. Das hört sich vordergründig gut an, weil sich damit viel Trinkwasser einsparen ließe, ist aber völlig unglaubwürdig, weil sie genau das schon seit vier Jahren verspricht, ohne dass irgendetwas davon im Frankfurter Bauboom realisiert wird. Stattdessen ruft das Umweltamt die Frankfurter weiter dazu auf, das städtische Grün im Sommer noch mehr mit Trinkwasser zu bewässern. Das in Trockenzeiten wie 2018 und 2019 im Vogelsberg fehlt.
„Eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag zu diesem Thema sollte nicht der Verweigerung eines Dialogs dienen, sondern eher den Anfang von längst überfälligen Gesprächen bilden“ betont Sascha Spielberger, stellvertretender Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Vogelsberg in seiner Reaktion, „wir fühlen uns mittlerweile komplett genasführt.“ Und die SGV-Vorsitzende Cécile Hahn ergänzt: „Schließlich gibt es zwischen Frankfurt und seinen Wasserliefergebieten mehr als genug Redebedarf, z.B. zum viel zu hohen Trinkwasserbedarf. Allein schon eine Wohnungsbaumaßnahme in Heddernheim zeigt deutlich, dass der Klimawandel mit seinen Wasserproblemen im Frankfurter Bewusstsein noch immer nicht angekommen ist. So verzichtet die ABG als städtische Wohnungsbaugesellschaft nach eigenen Angaben nicht nur hier auf ein Wasserkonzept. Ein doppeltes Wasserleitungsnetz, das Voraussetzung für eine Betriebswassernutzung wäre, ist aus Kosten- und Bewirtschaftungsgründen nicht vorgesehen.“
Beisitzer Dr. Anne Archinal Gudrun Huber-Kreuzer Matthias Kalkhof Beate Werm Und weiter: „Während Frau Heilig das Nichtstun bislang damit begründete, der Koalitionspartner verhindere konkrete und zügige Schritte, so könnte sie nun in der neuen Konstellation eigentlich „durchregieren und gerade der ABG Betriebswassersysteme vorschreiben. Doch es werden nur neue Gutachten und Untersuchungen für Pilotprojekte beauftragt, Was einen völlig unnötigen Aufwand an Geld und Zeit darstellt: gut funktionierende Betriebswassersysteme wurden auch in Frankfurt in den 90ern bereits reihenweise gebaut.“
Warum predigt der neue Frankfurter Magistrat nun aber Wein und trinkt Wasser? Diese Frage hat der neue Stadtkämmerer Bastian Bergerhoff letztendlich vor wenigen Tagen recht eindeutig beantwortet. Nach seinen Worten liefern die Beteiligungen an der Mainova und der Hessenwasser GmbH durch den Wasserverkauf jedes Jahr verlässlich Millioneneinnahmen für den städtischen Haushalt, während weggebrochene Einnahmen bei anderen Beteiligungen, etwa an der Messe oder der Fraport, Löcher in den Haushalt reißen, Kurzum: der Handel mit Vogelsbergwasser ist für Frankfurt viel zu lukrativ, als dass eine ökologische Daseinsvorsorge in den Liefergebieten dagegen eine Chance hätte. Wichtig ist der Stadtregierung wohl lediglich, dass die Metropole reichlich billiges und profitables Grundwasser erhält.
Dass diese Denkweise der Politik nicht nachhaltig ist, wird deutlich, wenn man sich mit den Grundwasservorkommen der Mittelgebirge befasst, aus denen mehr als ein Drittel des Frankfurter Trinkwassers stammt. Denn diese werden im Zuge des Klimawandels immer stärker abnehmen. Da die Metropole zugleich aber einen immer größeren Durst entwickelt, nimmt die Konkurrenz ums Grundwasser zwischen der Fernwasserversorgung einerseits und andererseits der Vogelsberger Land- und Forstwirtschaft, den ländlichen Kommunen sowie dem stark wasserabhängigen Naturraum schon seit Jahren erheblich zu.
„Wäre diese Entwicklung für den ländlichen Raum nicht so existenzbedrohend, könnte man die Blockadehaltung Frankfurts als die altbekannte Überheblichkeit der Stadt gegenüber dem Land abtun“, sagt Cécile Hahn, die sich als Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Vogelsberg schon seit Jahren intensiv um einen vernünftigen Dialog bemüht. „Aber da die Grundwasserneubildung bei uns schon seit 2004 immer schlechter wird, muss spätestens jetzt nach den drei extremen Trockenjahren Schluss sein mit den Ansprüchen des Ballungsraums, sich aus den Ressourcen des Vogelsberges wie bisher bedienen zu können. Die Ignoranz des Frankfurter Magistrats gegenüber den Wassernöten seiner Liefergebiete heizt völlig unnötig einen enormen Konflikt an.“
Das Verhalten des Frankfurter Magistrats zeigt, dass in Frankfurt der Ernst der Klimawandelfolgen immer noch nicht begriffen wurde, sondern dass dort die Geschäftemacherei mit dem importierten Wasser im Vordergrund steht. Offensichtlich müssen erst die Fernwasserbezugsmengen ordentlich gekürzt und verteuert werden, bevor der Magistrat sich bequemt, der Realität des Klimawandels und der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen ins Gesicht zu sehen.